Noch nie habe ich den Frühling so bewusst erlebt wie in diesem Jahr.
Wenn ich in meinen Garten hinaus schaue, komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Aus im Winter noch trostlosen, grauen Stengeln sprießt das Grün im Überfluß. Der Flieder fängt gerade an zu blühen, der Jasmin, der seinen wundervollen, betörenden Duft im ganzen Garten verströmt hat, ist schon wieder am Verblühen und der Schmetterlingsflieder hat sich noch gar nicht verändert, hoffentlich ist er nicht erfroren. Diese Pracht, dieser Überschwang in der Natur erfüllt mich und ich fühle mich so reich beschenkt.
Aber was mich am meisten erstaunt, ist die Tatsache, dass aus diesen unscheinbaren, braunen „Stengeln“, die sich manchmal zum Verwechseln ähnlich sehen, plötzlich unterschiedliche Blätter sprießen. Die Pflanzen, die so fest mit der Erde verwurzelt sind, geben sich einfach dem Frühling hin und erblühen auf ihre eigene Art und Weise und in ihrer eigenen Zeit. Da ist kein Hauch von einem Zweifel oder Minderwertigkeitskomplexen. Sie vertrauen so fest darauf, dass alles in bester Ordnung ist genauso wie es ist und dass sie genau zu dem erblühen, was sie sind.
Kann ich auch versuchen, so sehr in mich zu vertrauen, dass alles, was in meinem Leben geschieht, genau richtig ist, genau zur richtigen Zeit passiert und dass ich eingebettet bin in diese allumfassende Liebe meiner Seele? Dass ich genau im richtigen Rhythmus und zum richtigen Zeitpunkt erblühen werde, genau zum dem, was ich bin?
Wenn ich in meinen Garten schaue, kommt es mir fast lächerlich vor, daran zu zweifeln. Auch ich bin ein Teil dieser Erde und gerade bei mir sollen all diese Naturgesetze, diese wunderbare Ordnung und dieser einzigartige Rhythmus nicht mehr gelten und außer Kraft gesetzt sein?
Und so versuche ich nun, Wurzeln zu schlagen in mir, in der nahrhaften Erde meiner Seele, lasse mich jeden Tag von der Sonne bescheinen und dem Regen tränken, in dem Wissen, das alles im Überfluß da ist, was ich brauche, so dass ich in meiner eigenen Zeit wachsen, gedeihen und erblühen kann. Zu genau diesem Menschen, der ich bin.
